Nerd-Newsletter #1
Die Gefahren des Semikolons, Untertitel und sexuelle Belästigung im Schnittraum
Liebe Freunde des blauen Lichts, der langen Nächte und brummenden Platten;
Dies ist ein unstrukturierter, informeller Newsletter mit Entdeckungen aus der Welt der Postproduktion
Den meisten SchnittassistentInnen unter euch ist ein unbehagliches Gefühl antrainiert worden, wenn es um Sonderzeichen wie :;/!\ geht, selbst ohne genau zu wissen, warum. Misstrauische benennen sogar äöü vor dem Import ins Avid um. Letztens hat fehlendes Misstrauen dazu geführt, dass ein unschuldiges Semikolon drei Picturelocks lahmgelegt hat.
Beim AAF-Export blieb Avid auf “Gathering AAF Dependencies” stehen und liess sich nur durch Force Quit abwürgen. Das Problem lag jedoch nicht beim Export, sondern sogar vor dem Import.
Der Sounddevice Scorpio Recorder erlaubt unerklärlicherweise ein Semikolon als Delimiter zwischen Projektname und Scene Shot Take. Dieser Filename wird im Avid in die Spalte TapeID geschrieben (und vermutlich auch in die nicht editierbare Spalte Source Clip Name).
Beim AAF-Export werden diese Metadaten wieder abgegriffen und das Semikolon vermutlich als Ende eines Statements interpretiert. Dadurch wird das AAF nie zu Ende geschrieben.
Lösung:
Tonmaterial umbenennen, Semikolon durch etwas harmloses wie “-” ersetzen, neu importieren. Am besten auf einem separaten Computer, damit nicht der Bug passiert, dass keine neuen Mediafiles entstehen wenn schon ein Masterclip besteht
Tape to Soundroll (wie beim bestehenden Material)
Relink to selected items in all open bins, anhand von TC und Soundroll
Ich würde empfehlen, beim ganzen Vorgang die Bildspuren in der Sequenz zu lassen, denn auch in der TapeID eines Bild-Subclips kann sich ein Semikolon verstecken, selbst wenn der entsprechende Tonclip gar nicht in der Sequenz vorkommt.
Ein Bug Report ist bei Sounddevice platziert.
Der Lerneffekt ist, vor dem Importieren auf allen Backups die problematischsten Sonderzeichen batch umzubenennen und für die die es wirklich wissen wollen, eine Einführung ins Programmieren zu belegen.
Aber nicht nur Sonderzeichen bereiten mir Unbehagen.
Als Schnittassistentin und Cutterin verbringt man viel Zeit alleine mit Regisseuren. Und speziell für uns Schnittassistentinnen scheint es ein Rite de Passage zu sein, dass man mindestens einmal an einen Regisseur gerät, dem deine geistige Unversehrtheit egal ist.
Dieser Regisseur muss keine Angst haben - seine Geschichte wird nicht weitererzählt, aber meine. Ich habe kein Interesse daran, seine Personalien zu veröffentlichen, weil ich keine Lust habe, je wieder mit ihm zu tun zu haben, da nur sein Anblick aus der Ferne - an Filmfestivals, in der Stadt, und ironischerweise, an Frauendemos, Übelkeit in mir auslöst.
Wenn man sich gegen Belästigung wehrt, wird man mit solchen Drohgebärden eingeschüchtert. Für mein eigenes kleines #metoo hat er sich immerhin selber inkriminiert und alles schriftlich festgehalten. Obwohl ihm die Einsicht fehlt, wurden die Emails immer panischer.
Wie kann ich Andere von ihm warnen, ohne wieder mit solchen psychotischen Emails belästigt zu werden? Wie kann mich erklären, ohne mich mit ihm beschäftigen zu müssen?
Ich habe keine Lust darauf, dass die einzige Art und Weise, um weitere solche Fälle zu verhindern, eine Art Telefonalarm ist, mit dem sich Frauen in der Filmbranche gegenseitig davor warnen, mit welchen Regisseuren man ins Restaurant essen gehen kann und mit welchen nicht. Gerüchte erfüllen hier die Rolle, wo die Justiz versagt. #Petze
Aber wie immer, ist es besser, die Probleme vor der Entstehung zu behandeln als im Nachhinein. Meine Art, mit dem Nachhall meines #metööchen umzugehen, ist nicht das Problem, sondern er.
Aber wer weiss, vielleicht fehlt mir auch einfach die Einsicht in das Funktionieren der Männer.
🖕
Worin mir die Einsicht definitiv nicht fehlt, ist in verschiedene Methoden der automatischen, KI-gestützten Untertitelung und Übersetzung.
Nichts ersetzt das professionelle Spotting und die Künste der Übersetzerinnen von z.B. cinetyp.ch, aber für Rohschnitte können folgende Tools bei der Untertitelung und Übersetzung helfen.
Die Problematik beim Übersetzen von Untertiteln sind die durch Timecodes getrennten Abschnitte, die dann von den Übersetzungstools sinnfrei und nicht aufs Ganze bezogen übersetzt werden. ChatGPT kann jedoch darauf gepromptet werden, die Umbrüche zu ignorieren.
MacWhisper Pro (mit LLM)
Exportierte Formate: u.A. srt
30 Euro einmalig
Vorteile: Speichert die Daten lokal statt in einer Cloud, versteht Schweizerdeutsch (aber transkribiert auf Hochdeutsch), versteht viele Sprachen.
Nachteile: Ist wirklich eher ein Transkribierungs- als ein Untertiteltool, denn die Untertitel kleben bündig aneinander, selbst wenn eine längere Sprechpause herrscht, das heisst das Spotting muss eigentlich trotzdem komplett von Hand gemacht werden. Ausserdem hat der erste Untertitel den Timecode 0, egal wie spät in der Timeline zuerst gesprochen wird. So muss also die Position des ersten Untertitels geraten werden. Immerhin sind die Untertitel an logischen Stellen beim Satzende oder Teilsatz getrennt.
Mit einem DeepL API Key (Free ist ausreichend!) kann innerhalb von MacWhisper in andere Sprachen übersetzt werden. Wie ChatGPT ist es schlau genug, um die Sätze aufeinander zu beziehen.
Trint
Exportierte Formate u.A. srt, Avid DS txt
48 Euro monatlich
Vorteil: Übersetzung direkt im Tool ohne Umwege. Die Timecodes stimmen, also muss nicht geraten werden, wo der erste UT beginnt.
Nachteil: Online-Tool. Und die exportierten UT sind sehr wenige Zeichen kurz, einzeilig und daher kaum brauchbar. Wie MacWhisper eher ein Transkribiertool für die Assemblyphase.
Davinci Studio ab Version 18.6
Exportierte Formate: .srt
300 CHF einmalig
Vorteile: Über Timeline > “Create Subtitles from Audio” können in kurzer Zeit automatische Untertitel erstellt werden. UT-Länge, Pausen etc. können den eigenen Standarts angepasst werden. Die Untertitel sind auf den Ton gespottet und somit schon am richtigen Ort. Eine Übersetzung ist über einen Export des srt, Bearbeitung durch ChatGPT und Reimport möglich, wie im oben verlinkten Video beschrieben.
Nachteile: Die Untertiteltrennung ist ziemlich | arbiträr und mühsam zum lesen.
Es geht rein auf den Ton und nicht auf die Satzstruktur ein. Dass es auf die Bildschnitte nicht eingeht, ist eine verschenkte Chance, wenn es schon innerhalb von einem NLE geschieht.
Bei allen Lösungen ist eine händische Nachbearbeitung aber trotzdem unabdingbar.
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Bleibt misstrauisch!
liebe Grüsse
Fabienne
Dieser Newsletter wird zu folgenden Themen erscheinen: Avid, Schnittassistenz, Programmieren, Nischenthemen, Hardware, Datensicherung, Datenrettung, Workflows, Brancheninfos, Lohnverhandlungen.









